Agrarhandel – Branche

11. Februar 2020

Agrarhandel per Mausklick: Zahl der Online-Plattformen boomt

Der Digitalisierungstrend verändert die Prozesse im landwirtschaftlichen Sektor ebenso wie in allen anderen Branchen. Aktuell wird insbesondere die digitale Weiterentwicklung im Agrarhandel von verschiedensten Anbietern mit Hochdruck vorangetrieben. Etwa jeder fünfte Landwirt hat bereits betriebliche Einkäufe online abgewickelt. Doch was genau bieten die verschiedenen Agrar-Versandhändler und Onlinemarktplätze? Welche Vorteile verschaffen sie dem Landwirt? Welche Betriebe profitieren am meisten von den Möglichkeiten des Agrarhandel 4.0? Und was bedeutet dieser Trend für den klassischen Landhandel und für die Warengenossenschaften?

Start-Ups wollen Betriebsmitteleinkauf digitalisieren
Die Zahl der Online-Bestellplattformen und -marktplätze für den Agrarbereich hat sich in den letzten zwei Jahren rasant entwickelt. Neben digitalen Angeboten der großen Landhändler bieten auch Start-ups digitale Bestell- und mittlerweile auch Handelsplattformen für Landwirte. Erst vor wenigen Tagen hat die geplante Agrarhandelsplattform „Unamera“ grünes Licht vom Bundeskartellamt bekommen. Das Start-Up wird von der BayWa Ag, der Getreide AG und dem ATR Landhandel als Finanzierungspartner unterstützt und bietet künftig eine Plattform für den Handel von Getreide und Ölsaaten zwischen Agrarhandelsunternehmen und Landwirten sowie Verarbeitern.

Prozent der deutschen Landwirte nutzen das Internet für betriebliche Zwecke häufig bis sehr häufig (Studie Uni Göttingen)

Prozent der deutschen Landwirte nutzen das Internet regelmäßug für betriebliche Einkäufe (Studie Uni Göttingen)

Onlineversand für Betriebsmittel
Online-Bestellmöglichkeiten für die Landwirtschaft sind zwar keine Innovation – neu hingegen ist jedoch die gewachsene Produktpalette. Einer der Pioniere im Bereich des Online-Betriebsmitteleinkaufs ist myAGRAR, ein Tochterunternehmen von ATR Landhandel. Auch auf den Webseiten von agsupply, myfarmvis und weiteren Anbietern hat der Landwirt die Möglichkeit, seine Betriebsmittel wie Saatgut, Futtermittel, Pflanzenschutz und Düngemittel online zu ordern. Sein Vorteil: Mehr Preistransparenz beim Erwerb hochstandardisierter Produkte.

Online-Handelsplattformen für die Vermarktung
Im Gegensatz zur reinen Online-Bestellung eröffnet das noch recht junge Geschäftsmodell der Online-Handelsplattformen den Landwirten völlig neue Vertriebswege für ihre Ernteprodukte. Anbieter wie beispielsweise Cropspot, House of Crops und Agrando bringen Käufer und Verkäufer zusammen, bei „Cropspot“ können beide Parteien sogar direkt in Preisverhandlung treten. Eine Kombination aus Betriebsmitteleinkauf und Ernteproduktverkauf bieten Plattformen wie unter anderem Agrar2b, Agrarconnect und Agrimand.

Onlinehandel: Welcher Landwirt profitiert?

Die Vorteile des Online-Betriebsmitteleinkaufs liegen auf der Hand: Der Landwirt kann im Internet Preise vergleichen und seine Bestellung zeitlich flexibel und außerhalb der Öffnungszeiten des Landhandels durchführen. Zudem bieten einige Anbieter zusätzliche Serviceleistungen an, wie beispielsweise Ertragsprognosen, Stoffstrombilanzen, Pflanzenbauberatung und einen Nacherwärmungsindex. Nicht bei allen Anbietern sind diese Services kostenfrei.

Handelsplattformen für den Verkauf der eigenen Ware bieten sich besonders für größere Betriebe an, die über eine Waage, Lagerkapazitäten für verschiedene Getreidequalitäten und Verladeanlagen verfügen. Die Betriebe gewinnen durch den Onlinehandel mehr Flexibilität bei der Wahl ihrer Vertriebswege und haben die Chance auf bessere Margen. Zeit spart der Landwirt hier jedoch nicht: Die Beobachtung und Kontrolle der Ausschreibungen im Internet ist zeitaufwändiger als der Anruf beim Landhandel vor Ort.
Bessere Absatzmöglichkeiten bietet der Onlinehandel auch für Nischenprodukte und für Produkte mit besonderen Qualitäten. Für die Erzeuger spezieller Ernteprodukte können neue Geschäftsbeziehungen außerhalb der Heimatregion attraktive Vertriebswege bieten.

Verdrängen die Online-Plattformen den klassischen Landhandel?
Die Mehrheit der deutschen Landwirte ist dem Online-Handel gegenüber positiv eingestellt, so lautet das Ergebnis einer Studie der Universität Göttingen. 90 Prozent der Befragten nutzen das Internet für betriebliche Zwecke häufig bis sehr häufig. 18,3 Prozent der Landwirte nutzen das Internet regelmäßig für betriebliche Einkäufe, bislang also nur knapp jeder fünfte. Ein Grund dafür dürfte die Beziehung zwischen Landwirt und Landhandel sein, die auch heute noch eine große Bedeutung hat und von Loyalität geprägt ist.

„Die Bedeutung digitaler Handelsplattformen wird künftig jedoch weiter wachsen – verursacht durch den Strukturwandel in der Landwirtschaft und eine zunehmende IT-Affinität der Kunden“, so Dirk Gieschen, Agrarexperte und Initiator der Website agrar-trends.de. „Der Landhandel muss sich entsprechend aufstellen und im strategischen Vertrieb zweigleisig fahren: Er sollte dem Kunden in Zukunft persönlich und beratend zur Seite stehen und gleichzeitig digitale Lösungen bereitstellen, indem er Teile seines Produktportfolios auch über Online-Beschaffungskanäle anbietet. Auf diesem Weg können die Händler vor Ort von den Agrartrends „Online-Einkauf“ und „Online-Verkauf“ profitieren und so auch ihr stationäres Geschäft langfristig stärken.“


Quellen:

Agrarzeitung 05/2020, Seite 5
Agrarheute, Ausgabe Januar 2020 https://www.agrarheute.com/management/agribusiness/kartellamt-hat-keine-einwaende-gegen-digitale-agrarhandelsplattform-564610
https://www.dlg-wintertagung.de/blog/landhandel-40-oder-nur-heisse-luft/
Studie: „Das Online-Einkaufsverhalten von Landwirten im Bereich landwirtschaftlicher Betriebsmittel“, Dorothee Schulze Schweering, Achim Spiller​

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