Betriebsführung – Betrieb

24. Oktober 2019

Agrarpaket bringt Stimmungstief, Grüne Kreuze und Trecker-Protest

​Die Stimmung der Betriebsleiter auf den deutschen Höfen ist im September und Oktober 2019 drastisch eingebrochen. Das Konjunkturbarometer des Deutschen Bauernverbandes verzeichnete Ende September ein neues Stimmungstief. Von 20,4 Punkten im Juni fiel das Barometer auf 10,5 Punkte und bewegt sich damit auf dem niedrigen Niveau der preisbedingten Krisenjahre 2015 und 2009.

Drei ungünstige Erntejahre hintereinander

Hierzu beigetragen haben neben wirtschaftlichen Faktoren wie schwächeren Preisen auch das dritte aufeinanderfolgende Jahr mit einer in vielen Regionen Deutschlands sehr ungünstigen Witterung: 2017 brachte als Jahr mit viel zu hohen Niederschlägen Ernte- und Qualitätseinbußen, 2018 geht als Dürrejahr in die Geschichte ein und auch das Jahr 2019 brachte vielerorts nochmals erhebliche Einbußen durch Trockenheit.

Den stärksten Druck auf die Stimmung verursachte aus Sicht der Landwirte 2019 aber die Agrarpolitik. Dazu gehörten im ersten Halbjahr vor allem die im Vorfeld der Europawahl im Mai heftig geführten Diskussionen um die künftige Ausrichtung der Agrarpolitik und die dabei geforderten Absenkungen der Flächenprämien bei gleichzeitiger Anhebung von Umweltauflagen.

Das Agrarpaket als Auslöser für Protest

Nach der in weiten Teilen Deutschlands unbefriedigenden Getreideernte verkündeten dann Anfang September Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) und Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) gemeinsam ihr Agrarpaket. Dessen Inhalt interpretieren viele Landwirte als eine Rettung der Großen Koalition auf ihrem Rücken. Seitens des Deutschen Bauernverbandes wird das Agrarpaket als „eine Überregulierung zu viel“ beurteilt.

Vom ersten „Grüne Kreuz“ zum bundesweiten Protest

Am 7. September 2019 startete daraufhin die verbandsunabhängige „Graswurzler“-Bewegung mit dem Aufstellen des ersten „Grünen Kreuzes“ einen sogenannten „stummen Protest“. Initiiert wurde die Aktion vom Agrarblogger „Bauer Willi“, Dr. Willi Kremer-Schillings mit einem Aufruf in seinem Blog: https://www.bauerwilli.com/gruene-kreuze-was-einer-alleine-nicht-schafft/. Daraus entwickelte sich in den folgenden vier Wochen eine bundesweite Bewegung. Unzählige Landwirte stellten zehntausende von selbstgezimmerten grünen Kreuzen auf.

„Respektiere die Arbeit der Landwirte“ ist der Slogan der Bewegung, die sich gegen „reflexhafte, einseitige Schuldzuweisungen gegen die Landwirte“ wehrt. Aus ihrer Sicht wird das „Bauernbashing“ in Form herablassender Äußerungen über Landwirtschaft und Landwirte von Nicht-Regierungs-Organisationen (NGO) und agrarkritischen Politiken zur eigenen politischen Profilierung betrieben.

Traktoren-Demos in 17 Städten

Aus der Grüne-Kreuze-Aktion entstanden, allerdings nicht von deren Initiatoren auf den Weg gebracht, zwischenzeitlich sogar eher kritisch gesehen, ist die Bewegung „Land schafft Verbindung“. Diese lose und verbandsunabhängige Gruppe hat die bundesweiten Trecker-Demos am 22. Oktober 2019 organisiert. Die darin organisierten Landwirte stellen vor allem vier Punkte in den Mittelpunkt ihrer Kritik:

  • Sie lehnen das von der Bundesregierung beschlossene Agrarpaket ab
  • Sie wehren sich gegen die neuerliche Verschärfung der Düngeverordnung
  • Sie lehnen das von der EU mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten ausgehandelte Freihandelsabkommen ab
  • Sie wollen nicht als „Buhmann“ für Politik und Nichtregierungsorganisationen dienen

Gegen einseitige Schuldzuweisungen

Auf die sprichwörtliche Palme bringen viele Landwirte insbesondere die Vereinfachungen, mit denen in Politik und sozialen Medien die Diskussion um die „richtige“ Landwirtschaft geführt wird: Sie wehren sich gegen die Vereinfachung, dass „Bio“ immer „gut“ und „normale, konventionelle“ Landwirtschaft immer „schlecht“ ist.

Wie werden sich die Diskussionen um das Agrarpaket der Bundesregierung weiterentwickeln? Diese Frage bleibt spannend. Bauer Willi verspricht auf seinem Blog, dass er seinen Protest weiterführen will, vor allem mit der Zielrichtung „Gegen die Arroganz der urbanen Eliten“.

Die beiden kritisierten Ministerinnen kommentieren am Tag der bundesweiten Demonstrationen laut der Tageszeitung „taz“ die Aktionen aus ihren jeweiligen Perspektiven: „Wir wollen nicht, dass Landwirte für alles haftbar gemacht werden“, kommentierte Klöckner. Svenja Schulze mahnte einen stärkeren Schutz für Insekten in der Landwirtschaft an: „Leider konnte der dramatische Abwärtstrend bei den Feldvögeln bislang nicht gestoppt werden.“

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