Politik – Agrarkritik

25. Oktober 2018

Konstruktive Agrarkritik oder Unwissenheit?

Lange Zeit wurde die Agrarpolitik ausschließlich „von Bauern für Bauern“ gemacht, sodass die Erzeuger Dreh- und Angelpunkt waren. Die Öffentlichkeit zeigte eher zurückhaltendes Interesse an Themen der Landwirtschaft. In den 80er und 90er Jahren wuchs die Aufmerksamkeit der Verbraucher gegenüber der Landwirtschaft und ihren Erzeugungsmethoden. Im Jahr 2000 erreichte dieser Trend im Rahmen der BSE-Krise einen Höhepunkt. Nichtregierungsorganisationen (NGO) gewannen im weiteren Verlauf an Bedeutung, politische Debatten wurden neu geführt und in der Agrar-Politik wurde zunehmend dem Verbraucher Gehör geschenkt. Insbesondere ökologische und soziale Aspekte der konventionellen Landwirtschaft wurden in Frage gestellt.

Kritikpunkte an der industriellen Landwirtschaft
Die sogenannte „industrielle Landwirtschaft“ steht seitdem im Mittelpunkt dieser Diskussionen, insbesondere die Tierhaltung. Große Viehbestände, der entsprechende Gülleanfall und der Einsatz von Antibiotika stoßen auf Kritik. Auch der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln wird äußerst kritisch betrachtet. Befürchtet werden Auswirkungen auf Grundwasser, Luft, Boden und Lebensmittelmittel. Die Landwirtschaft wird mitverantwortlich gemacht für den Anstieg der Treibhausgasemissionen. Kritisiert werden zudem die aus Sicht der Kritiker zu engen Fruchtfolgen, die zu einer verringerten Biodiversität und Artenvielfalt führten.

Pauschaler Sündenbock
Die Landwirtschaft wird oft pauschal für Lebensmittel-Skandale verantwortlich gemacht. Die im Sommer 2017 aufgedeckte Fipronil-Verunreinigung, bei der Hühnereier und Ei-Produkte mit dem Insektizid Fipronil belastet waren, ließ einmal mehr ein negatives Licht auf die Landwirtschaft fallen. Der Ursprung lag letztendlich bei einem belgischen Desinfektions- und Reinigungsmittelhersteller, der das Insektizid zum Gebrauch in der Geflügelbranche zugelassen hatte. Das Mittel gelangte über das Futter, die Haut und die Federn in die Nahrungskette.

Beide „Seiten“ betreiben Lobbyarbeit
NGOs (zivilgesellschaftlich organisierte Interessenverbände) wie zum Beispiel Greenpeace, BUND, NABU, PETA oder Foodwatch sind Lobbygruppen mit eigenen Interessen. Oft scheint es so, als würden sie ausschließlich im Sinne der Allgemeinheit agieren, indem sie Skandale aufdecken und mit Nachdruck eine „bessere Welt“ fordern. Dass sie als eigenständige Organisation agieren, gerät dabei manchmal in Vergessenheit und verärgert viele Landwirte.
Auf der anderen Seite wird dem Landwirtschaftsministerium vorgehalten, einen zu engen Kontakt zum Bauernverband zu pflegen, der wichtigsten Interessenvertretung der Landwirte. Kritiker befürchten, dass dadurch die Forderungen der Verbraucher übergangen werden.

Beispiel Agrar-Subventionen
Für manche Bürger ist es unverständlich, dass Landwirte Subventionen von der EU erhalten. Der Hintergrund dieser Zahlungen ist jedoch folgender: Hohe EU-Standards im Tier-, Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz geben den Landwirten Arbeitsvorgaben. Um Kostennachteile gegenüber „Billigländern“ ausgleichen zu können und wettbewerbsfähig zu bleiben, werden Prämien ausgezahlt. Der Anteil der Agrarsubventionen am EU-Haushalt beträgt rund 40 Prozent. Eine Abschaffung dieser Subventionen würde unter anderem bedeuten, dass sämtliche Förderungen des Bio-Landbaus, der Kulturlandschaften sowie der erneuerbaren Energien wegfielen. Es würde keine Blühstreifen oder ökologischen Vorrangflächen mehr geben, keine Agrarumweltmaßnahmen und keine Agrar-Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität. Die Landwirtschaft würde die Erzeugung ausschließlich auf den Markt ausrichten. Viele Landwirte müssten ihre Betriebe aufgeben und Deutschland wäre deutlich stärker auf Billig-Importe aus dem Ausland angewiesen.

Aktive Kommunikation ist essentiell für die Agrarbranche
Viele Menschen informieren sich mittlerweile über soziale Medien. Facebook, Instagram, Twitter & Co bieten jedem die Chance sich frei zu Themen zu äußern. Oft ist es für den Nutzer schwierig, „wahr“ und „erfunden“ voneinander zu unterscheiden. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner fordert die deutschen Landwirte daher auf, sich verstärkt in öffentliche Diskussionen einzubringen und direkt aus der Praxis zu berichten. Auf diesem Wege soll ein reales Bild der Landwirtschaft gezeigt, Wissenslücken geschlossen und das gegenseitige Verständnis füreinander gefördert werden.

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