Regional – Politik

05. Januar 2021

Niedersächsischer Weg vereint Umwelt und Landwirtschaft

Umweltverbände und Vertreter der Landwirtschaft sind sich oft uneinig. In Niedersachsen, dem Bundesland mit einer besonders intensiven Landwirtschaft, haben sie mit dem „Niedersächsischen Weg“ einen gemeinsamen Weg für mehr Gewässer-, Arten- und Naturschutz gefunden.
Der Niedersächsische Weg ist in dieser Form eine bundesweit einmalige, zukunftsweisende Vereinbarung zwischen Landwirtschaft, Naturschutz und Politik. Doch wie sieht dieser Weg konkret aus? Und was verändert sich für die Landwirtschaft? Agrar-Trends gibt einen Überblick.

Erstmals haben sich ein Bundesland, Naturschutzverbände und Landwirte auf ein Aktionsprogramm für mehr Gewässer-, Arten- und Naturschutz geeinigt – „Der Niedersächsische Weg“. Die Artenvielfalt in Niedersachsen ist zunehmend bedroht. Zahlreiche Insekten, Tier- und Pflanzenarten sind gefährdet. Grund dafür sind veränderte Lebensräume, die unter anderem durch die Intensivierung der Landnutzung, einer Zerschneidung der Landschaft durch Siedlungsgebiete und Verkehrswege ebenso wie durch die Landwirtschaft zu einem Ungleichgewicht zwischen Ökologie und Ökonomie geführt haben. Gemeinsam soll es nun gelingen, den drohenden Artenschwund zu stoppen, Lebensräume für Tiere und Pflanzen zu erhalten und einen fairen Ausgleich für die Landwirtschaft zu schaffen.

Sieben Verbände für eine bundesweit einmalige Vereinbarung
Ministerpräsident Stephan Weil, Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast, Umweltminister Olaf Lies, Albert Schulte to Brinke, bisheriger Präsident des Landvolk Niedersachsen, Gerhard Schwetje, Präsident der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Dr. Holger Buschmann, Vorsitzender des NABU Niedersachsen und Heiner Baumgarten, Vorsitzender des BUND Niedersachsen sind bei der Entwicklung des Niedersächsischen Weges zu einem Team geworden. Weit über Niedersachsen hinaus möchten sie damit ein positives Zeichen setzen und Veränderung schaffen.

„Durch diese offene und konstruktive Zusammenarbeit haben wir es nun geschafft, gemeinsam mit der Landwirtschaft einen Weg zu begehen, der in Niedersachsen bislang noch nicht gegangen wurde. In einem ersten Schritt ist eine Einigung über die Gesetze erzielt worden.“, berichtete Dr. Holger Buschmann, Landesvorsitzender des NABU Niedersachsen, über die Einigung. Hier geht’s zum Beitrag: Einigung beim Gesetzestext des Niedersächsischen Weges – NABU Niedersachsen.

Was beinhaltet der Niedersächsische Weg?

Der Niedersächsische Weg umfasst ein Arbeitspaket von insgesamt 15 Punkten, die in über 40 Sitzungen erarbeitet wurden. Bereits Anfang Januar 2020 setzten sich das Umwelt- und Landwirtschaftsministerium in Gesprächen für mehr Arten- und Naturschutz ein. Im Rahmen finanzieller Vorgaben wurden schließlich verbindliche Zusagen und Maßnahmen geschlossen, um gemeinsam langfristige Veränderungen zu erzielen. Wichtig war den Beteiligten, dass keine Entscheidungen über den Kopf der Landwirtschaft hinweg getroffen werden. Sie sollen bei der Nutzung ihrer Flächen Mitspracherecht haben. Am 25. Mai 2020 kam es zur Unterzeichnung des Niedersächsischen Weges, am 9. September 2020 wurde er durch den Landtag beschlossen.

Das Ergebnis: Der Niedersächsische Weg vereint mehr Gewässerschutz, Arten- und Naturschutz mit einer fairen Bezahlung für die Landwirte. Noch lange sind nicht alle Vertragspunkte final besprochen. In regelmäßigen Abständen soll innerhalb der drei gebildeten Arbeitsgruppen Naturschutz, Wasser sowie Landwirtschaft und Wald getagt werden, um kontinuierlich am Niedersächsischen Weg zu arbeiten.

Die Vereinbarungen im Überblick (Auswahl):

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Düngung und Pflanzenschutz: Keine Düngung oder Pflanzenschutzausbringung auf Gewässerrandstreifen – Naturschutz soll entlang von Flüssen, Bächen und Gräben vorangebracht werden

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Reduktion chemischer Pflanzenschutz – neue Spritztechnik soll eingesetzt werden (Ziel: punktuelle und genaue Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln durch verbesserte Technologien)

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Landesweiter Biotopverbund (Vernetzung von Lebensräumen, welche das Überleben von Pflanzen- und Tierarten sichert) soll bis 2023 auf 15 Prozent der Landesfläche bzw. 10 Prozent der Offenfläche aufgebaut werden. Dafür sollen mehr Landschaftselemente wie Hecken, Baumreihen und Alleen geschaffen werden – für eine größere Arten- und Insektenvielfalt am Rande und auf Wiesen und Weiden

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Das Aktionsprogramm Insektenvielfalt beinhaltet konkrete Handlungsziele (kurz-, mittel- und langfristig) mit über 100 Umsetzungsmaßnahmen zum Schutz, zur Entwicklung und zur Förderung der Insektenvielfalt

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Alle Roten Listen Niedersachsens sollen in den nächsten 5 Jahren überarbeitet/ aktualisiert werden

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Biodiversität im Wald: In den Wäldern der Nds. Landesforsten (NLF) soll die Biodiversität gefördert werden, zum Beispiel durch die Anpflanzung von mehr Bäumen, die über 100 Jahre alt werden; bei der Holzentnahme soll insbesondere auf Säugetiere und Vögel geachtet werden

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Im Solling soll bis 2028 ein 1000 ha großes Wildnisgebiet geschaffen werden

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Unter Berücksichtigung der Marktentwicklung soll der Ökolandbau in Niedersachsen bis 2025 auf 10 Prozent ausgebaut werden, bis 2030 auf 15 Prozent

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Klimaschonende Bewirtschaftung (Moorgebiete) soll weiter gefördert werden

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Die Neuversiegelung von Flächen soll in Niedersachsen bis zum Jahr 2030 auf unter drei Hektar pro Tag reduziert werden (in den Folgejahren weiter auf Netto-Null bis spätestens 2050)

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Wiesenbrütern und Feldvögeln soll mehr Schutz geboten werden – Bewirtschaftung der betroffenen Felder soll angepasst werden

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Es soll mehr ökologische Beratung für Landwirte/ Beratung für einen verbesserten Biotop- und Artenschutz geben

Wer wird angesprochen?
In erster Linie richtet sich der Niedersächsische Weg an die Landwirtschaft, die mehr als die Hälfte der niedersächsischen Landesfläche bewirtschaftet und damit einen großen Beitrag zum Umweltschutz leistet. Ohne die Landwirtschaft ist Umweltschutz nicht möglich. Landwirte engagieren sich bereits in einer Vielzahl freiwilliger Maßnahmen. Auf knapp 19.000 Fußballfeldern wurden beispielsweise in Niedersachsen aktiv Blühstreifen gesät, auf 16.500 Fußballfeldern Brachflächen angelegt. Da Politik, Umweltschutz und Landwirtschaft an einem Strang ziehen, wird es den Landwirten zukünftig möglich sein noch mehr für den Umweltschutz zu tun.

Wie wird der Niedersächsische Weg finanziert?
Im Haushaltsplanentwurfs 2021 hat die Landesregierung dem Sondervermögen Wirtschaftsförderfonds Ökologischer Bereich 120 Mio. EUR für die Umsetzung des Niedersächsischen Wegs zugeführt. Damit sichert die Politik den Landwirten zu, dass die geforderten Leistungen auch honoriert werden.

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