EU – Politik

5. Juli 2019

Mercosur: Bedeutung für die europäische Landwirtschaft

Die Verhandlungen über das Mercosur-Abkommen zwischen der EU und Lateinamerika sind abgeschlossen. Landwirte und Umweltschützer blicken dem weltweit größten Freihandelsdeal mit starker Kritik entgegen. Welche Bedeutung der Mercosur-Deal für die europäische Landwirtschaft hat, untersucht agrar-trends in diesem Beitrag.

20 Jahre nach dem Start der Verhandlungen wurde nun das Handelsabkommen zwischen der EU und den lateinamerikanischen Ländern Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay abgeschlossen – ein zollfreier Markt soll für rund 760 Millionen Menschen geschaffen werden.

Was spricht laut der EU für den Südamerika-Bund?
Vordergründig verspricht sich die EU von diesem Freihandelsabkommen Wohlstand und Arbeitsplätze. Europäische Unternehmen erhalten neue Wachstumsmöglichkeiten und weniger Zölle für Exporte, welche die Wettbewerbsfähigkeit bisher enorm einschränken, werden gezahlt. Stark profitieren wird der Industriesektor – insbesondere die Automobil- und Chemiebranche sowie der Maschinenbau.

Insgesamt 91 Prozent der EU-Ausfuhren in die Mercosur-Staaten werden von Zöllen befreit. Damit werden europäische Konzerne rund vier Milliarden Euro einsparen. Deutsche Arbeitsplätze werden vor allem für die Autobranche geschaffen. Auf dem stark wachsenden Automarkt in Brasilien kann Deutschland mehr Pkw verkaufen, wenn Exportkosten wegfallen, und damit bundesweit unzählige Jobs sichern.

Für die Verbraucher bedeutet der Mercosur-Deal günstigere Lebensmittel. Überwiegend die Preise für Rindfleisch, Geflügel und Zucker werden sinken.
Auf politischer Ebene möchte die EU US-Präsident Trump zeigen, dass es sich lohnt Handelsabkommen abzuschließen, nachdem er die Verhandlungen zwischen der EU und den USA zum Freihandelsdeal TTIP beendet hat. Der Außenminister Heiko Maas hat im Mai dieses Jahres ein Treffen mit mehr als 20 Außenministern Lateinamerikas organisiert. Die Zusammenarbeit soll in den Bereichen Wissenschaft, Digitalisierung, Justiz und Klima- und Umweltschutz ausgebaut werden.

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der EU-Ausfuhren in die Mercosur-Staaten werden von Zöllen befreit

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der Mercosur-Exporte nach Europa werden zollfrei

Was verspricht sich Lateinamerika vom Freihandelsabkommen?
Wie die EU erhoffen sich auch die Mercosur-Länder von dem Handelsabkommen neue Absatzmärkte für ihre Produkte. Argentinien und Brasilien möchten vor allem Fleisch und Soja an die EU-Staaten verkaufen. Argentinien hat selbst nur 40 Millionen Einwohner, produziert aktuell allerdings für rund 400 Millionen Menschen Lebensmittel. Durch Zölle auf landwirtschaftliche Nahrungsmittel könnten Argentinien und Brasilien große Gewinne erzielen. Von den Mercosur-Exporten nach Europa fallen 92 Prozent der Zölle weg.

Millionen Einwohner hat Argentinien

Millionen Menschen versorgt Argentinien mit Nahrungsmitteln

Wie stehen Landwirte, Verbraucher- und Umweltschützer dem Handelsabkommen gegenüber?
Eine der größten Befürchtungen ist die zunehmende Rodung des tropischen Regenwaldes und damit der Wegfall eines bedeutenden CO2-Speichers. Größere Rindfleisch- und Sojaimporte der EU bedeuten mehr benötigte Weide- und Anbaufläche, wovon maßgeblich Brasilien und Argentinien betroffen sind.

Frankreich, Belgien, Polen und Ungarn warnen vor schnellen Zugeständnissen für den Agrarbereich. Sie sehen den EU-Agrarsektor bedroht. Die europäischen Landwirte seien dem Wettbewerb aus Lateinamerika nicht gewachsen. In den Mercosur-Ländern werden Nahrungsmittel im sehr großen Stil produziert, wodurch ohnehin schon erhebliche Kostenvorteile bestehen. Darüber hinaus werden Pflanzenschutzmittel stärker eingesetzt und gentechnisch modifizierte Pflanzen in großem Umfang eingesetzt, was in Europa auf Ablehnung stößt.

Irland sieht sich einer Flut von billigem Rindfleisch ausgesetzt, welches hormonbelastet sein könnte oder das aus irischer Sicht nicht ansatzweise den europäischen Qualitätsstandards entspricht. EU-Agrarkommissar Phil Hogan betonte die klaren Grenzen der EU, wies auf Vorsichtsmaßnahmen bei sensiblen Agrarprodukten hin und versicherte, dass die EU-Anforderungen an Lebensmittelsicherheit eingehalten werden müssten.

Außerdem kündigte er finanzielle Hilfen zum Ausgleich für europäische Agrarbetriebe an. Bei Wettbewerbsverzerrungen könnten bis zu einer Milliarde Euro bereitgestellt werden. Wie die ausgehandelten Einfuhrkontingente genau aussehen, wurde bisher nicht bekannt gegeben. Emmanuel Macron, der französische Präsident, machte deutlich, dass er den Mercosur-Deal solange ablehnen werde wie der brasilianische Präsident Jair Bolsanaro droht, aus dem Pariser Klimaabkommen auszusteigen.  

Wie genau sich das Abkommen gestalten wird, bleibt umstritten. Das in der Vergangenheit diskutierte Ceta-Abkommen mit Kanada hat deutlich gezeigt, wie unvorhersehbar bevorstehende Gesprächsverläufe und Entscheidungen sein können.

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Das Handelsabkommen im Überblick

Vor zwanzig Jahren wurden im Jahr 1999 die ersten Verhandlungen zum Mercosur-Abkommen zwischen der EU und Lateinamerika (Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay) geführt. Jetzt wurde der Deal fertig ausgehandelt und wartet nun bis Ende 2020 auf die Ratifizierung aller 28 EU-Staaten und danach auf die des EU-Parlaments. Der Ausgang ist äußerst ungewiss. Die EU und Mercosur-Staaten (Mercado Común del Sur – Gemeinsamer Markt des Südens) schaffen die weltweit größte Freihandelszone mit 760 Millionen Verbrauchern.

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