Industrie – Branche

22. Juni 2020

Pflanzenschutzmarkt im Abwärtstrend

Der Abwärtstrend des Nettoinlandsumsatzes des Pflanzenschutzmarkts zieht seine Linie zum fünften Jahr in Folge weiter durch. Die ungewöhnliche Trockenheit macht den Landwirten mit Ackerbau wie bereits in den letzten Jahren immer wieder zu schaffen. Beim Betrachten der Situation des Pflanzenschutzmarkts fallen Getreide- und Rapserträge deutlich unter den Durchschnitt der letzten Jahre und somit ins Auge.

Seit 2014, also nun bereits zum mittlerweile fünften Mal in Folge, befindet sich der Umsatz des deutschen Pflanzenschutzmarkts im deutlichen Abwärtstrend. Hier bildet auch das letzte Jahr 2019 keine Ausnahme: Der Nettoinlandsumsatz betrug insgesamt rund 1,193 Milliarden Euro. Das sind im Vergleich zum Vorjahr 2018 (1,282 Milliarden Euro) 6,9 Prozent weniger. Eine Kehrtwende dieses Trends mit einem erneuten Anstieg ist nicht vorhersehbar.

Dabei startete das letzte Jahr sogar relativ optimistisch in die neue Pflanzenschutzsaison, da der Winter von 2018 auf 2019 keine erwähnenswerten Auswinterungsschäden in den Ackerbaukulturen der Landwirte hinterließ. Als Auswinterungsschäden (auch Winterschäden und Frostschäden) werden in der Landwirtschaft Schäden an Kulturpflanzenbeständen bezeichnet, die durch Kälte sowie Fäulnis, Luft- und Wassermangel durch Schneedeckung während der Winterzeit entstehen.

Die Pflanzenschutzsaison 2019 begann zwar relativ früh, konnte aber in den Monaten März und April noch einen durchweg positiven Eindruck hinterlassen. Ab Mai setzte dann allerdings die aus den letzten Jahren bereits bekannte frühe Trockenheit ein. Diese zog sich bis in den Spätsommer. So kam es vor allem in Ost- und Norddeutschland zu vermehrtem Wassermangel für die Feldfrüchte.

Herbizidumsatz sinkt um vier Prozent

75 Prozent aller chemischen Pflanzenschutzmaßnahmen entfallen auf den Einsatz von Unkraut- und Ungrasbekämpfungsmittel, sogenannte Herbizide. Der Herbizidumsatz sank 2019 mit 545 Millionen Euro um vier Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Getreideherbizide gingen bei diesem Trend nicht mit. Aufgrund eines höheren Umfangs an Wintergetreideflächen stieg im Herbst 2018 der Umsatz von Getreideherbiziden um 20 Prozent. Dieser sank im Frühjahr 2019 allerdings wieder ab. Der Markt für Rübenherbizide war im vergangenen Jahr gut, allerdings wurden diese eher zurückhaltend eingesetzt, da die erste Spritzung bereits eine zufriedenstellende Wirkung erzielte. Im Bereich der Maispflanzen gab es trotz gestiegener Anzahl an Maisanbauflächen einen kleinen Umsatzrückgang von zwei Prozent. Auffällig rückläufig ist die Umsatzentwicklung der Rapsherbizide: Bereits im Vorjahr war hier ein Rückgang zu verzeichnen, aber 2019 sank der Rapsherbizidumsatz sogar um rund 30 Prozent.

Fungizidumsatz zeigt Minus von 12,8 Prozent

Zur Bekämpfung von Fuß-, Blatt- und Abreifekrankheiten werden im Ackerbau pilz- und sporenabtötende Wirkstoffe eingesetzt, sogenannte Fungizide. Der Teilbereich des Fungizidumsatzes sank 2019 am stärksten ab. Mit 435 Millionen Euro weist er ein Minus von 12,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf. Zwar bilden erstmal die Getreidefungizide mit einem Plus von sieben Prozent aus Sicht der Hersteller und Händler ein positives Bild ab und auch der Krankheitsdruck bewegte sich bis Mitte Mai 2019 auf einem normalen Niveau. Durch die dann einsetzende Trockenheit wurden zahlreiche Fungizidanwendungen allerdings reduziert oder ganz weggelassen. Dies steht im Gegensatz zum Gebrauch von Kartoffelfungiziden: hier nahm der Umsatz um 15 Prozent zu. Allerdings mit starken regionalen Unterschieden durch unterschiedlichen Pilzdruck. In Trockenheitsgebieten musste bewässert werden, was intensivere Fungizidmaßnahmen erforderlich machte. Der Raps zeigt sich auch im Bereich der Fungizide verhaltensauffällig: Mit einem starken Umsatzrückgang von 25 Prozent hat sich dieser innerhalb der letzten zwei Jahre halbiert, sicherlich auch ein Effekt der Rückgänge der Anbauflächen, verstärkt durch geringeren Krankheitsdruck.

Insektizidumsatz steigt leicht um 1,5 Prozent

Sogenannte Insektizide werden in der Landwirtschaft zur Abtötung von saugenden und beißenden Insekten wie Blattläusen, Käfern und Raupen als Pflanzenschutzmittel eingesetzt. So können Ertrags- und Qualitätsschäden verhindert werden. Der Markt der Insektizide weist 2019 mit 134 Millionen Euro nur einen leichten Anstieg von 1,5 Prozent im Vergleich zu 2018 auf. Auch hier fällt der Umsatz der Rapsinsektizide auffällig stark um 33 Prozent. Bei den Getreideinsektiziden steigt der Umsatz hingegen um 17 Prozent. Grund hierfür: die bereits genannte Erhöhung an Wintergetreideflächen sowie ein verstärktes Auftreten von Blattläusen.

Umsatz sonstiger Pflanzenschutzmittel sinkt um 4,8 Prozent

Auch die sonstigen Pflanzenschutzmittel wie Wachstumsregulatoren, Molluskizide und Rodentizide nahmen 2019 in ihrem Umsatz mit 79 Millionen um 4,8 Prozent ab. Wachstumsregulatoren sind chemische Verbindungen natürlicher oder künstlicher Art, welche das Wuchsverhalten pflanzlichen Gewebes beeinflussen können. Die Behandlungsintensität mit Wachstumsregulatoren veränderte sich im Vergleich zum Vorjahr zwar nicht, allerdings wurde auf günstigere Produkte zurückgegriffen, womit sich ein Rückgang von fünf Prozent erklären lässt. Sogenannte Molluskizide sind chemische Mittel, die Weichtiere (vor allem Schnecken) töten. Aufgrund eines ausbleibenden Schneckenbefalls 2019 war auch dieser Umsatz rückläufig. Rodentizide werden zur Bekämpfung von schädlichen Nagetieren wie Ratten, Mäusen oder Wühlmäusen eingesetzt.

Großhandel-Lagerbestände um 2,82 Prozent gestiegen

Die Lagerbestände von Pflanzenschutzmittel im Großhandel weisen einen Anstieg von 2,82 Prozent auf. 2018 waren es wertmäßig noch 355 Millionen Euro, 2019 dann 365 Millionen Euro.

Pflanzenschutz für Haus & Garten wird unbeliebter

Der private Gebrauch von Pflanzenschutzmitteln nahm im vergangenen Jahr hingegen ab. Wo 2018 noch 60,9 Millionen Umsatz von Privatleuten für Haus und Garten gezählt werden konnte, lag dieser Wert 2019 mit 52,9 Millionen Euro 13 Prozent unter dem Vorjahreswert.

Industrieverband Agrar

Der IVA (Industrieverband Agrar) vertritt die Interessen der agrochemischen Industrie in Deutschland. Von den insgesamt 53 Mitgliedsfirmen kommen 36 aus dem Bereich Pflanzenschutz. Der Industrieverband Agrar vertritt gemeinsame Anliegen seiner Mitglieder und verpflichtet sich dabei zu einer offenen Informationspolitik gegenüber allen Gruppen der Gesellschaft.

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