Schwein – Tier

21. März 2019

Staatliches Tierwohllabel für Schweine

Tierwohl-Label werden zur großen Herausforderung
Die Forderung nach mehr Tierwohl ist für Schweinehalter nicht nur ein einfacher Trend. Gerade für die Landwirte mit älteren Stallgebäuden erwächst aus den für das Tierwohllabel nötigen, kostenträchtigen Umbaumaßnahmen eine Herausforderung, die sie über die Zukunft ihres Betriebes oder sogar über die Einstellung des Betriebszweiges Schweinehaltung nachdenken lässt. Der Druck wird vor allem dann noch größer werden, wenn der Lebensmitteleinzelhandel über die Anforderungen des staatlichen Tierwohllabels hinaus ohne Rücksicht auf die damit für den Landwirt verbundenen Umbaukosten höhere Anforderungen stellen sollte.

Staatliches Tierwohllabel für Schweine ab 2020
Ab 2020 soll die Markteinführung für das staatliche Tierwohlkennzeichen durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) starten. Die Kriterien für mehr Tierschutz in der Haltung von Schweinen wurden im Februar dieses Jahres vorgestellt. Das freiwillige Tierwohlkennzeichen sieht dabei drei Stufen über dem gesetzlichen Mindeststandard vor. Ziel ist es, allen Verbrauchern aufzuzeigen, bei welchen Produkten höhere als gesetzlich vorgeschriebene Standards eingehalten werden.

Für folgende Kriterien der Schweinehaltung soll es zukünftig drei Stufen über den gesetzlichen Mindeststandards geben:

  1. Platz
  2. Raufutter und Beschäftigung
  3. Buchtenstrukturierung
  4. Nestbaumaterial
  5. Säugephase
  6. Schwanzkupieren
  7. Ferkelkastration
  8. Tränkwasser
  9. Eigenkontrolle mit Stallklima- und Tränkwassercheck
  10. Tierschutzfortbildung
  11. Tiergesundheitsbenchmarking
  12. Transport zum Schlachthof
  13. Schlachtung

Die Kriterien im Detail
Für das erste Kriterium Platz sind in der ersten Stufe zunächst 20 Prozent mehr Platz in der Ferkelaufzucht und Mast vorgesehen. In der zweiten Stufe sollen 47 Prozent und in der dritten 91 Prozent mehr Platz gegeben werden. Raufutter und Beschäftigungsmaterial mit zusätzlicher Wühlmöglichkeit sind für alle Stufen gleichermaßen vorgesehen. Für die Buchtenstrukturierung, welche das dritte Kriterium darstellt, sind für die erste Stufe ein Angebot von eingestreuten Liegebereichen oder verschiedenen Ebenen zur Abgrenzung von Bedeutung. Die zweite Stufe beinhaltet darüber hinaus Klimareize und die dritte Stufe schließt ebenfalls Buchten mit Auslauf ein.

Spezielle Kriterien für die Sauenhaltung
Für Sauen muss ein ständiger Zugang zu organischem Nestbaumaterial gegeben sein. Erst nach einer neuen Regelung der Haltungsverordnung sollen Kriterien zur Fixierung von Sauen mit in das staatliche Tierwohlkennzeichen erfasst werden. Für die Säugephase ist je nach Stufe ein Zeitraum von 21 auf 25, 28 oder 35 Tage vorgesehen.

Das Schwänzekupieren ist ausschließlich in der ersten Stufe erlaubt. Die Betriebe müssen jedoch nachweisen, dass zuvor Maßnahmen ergriffen haben, um das Schwanzbeißen zu verhindern. Darüber hinaus soll es verstärkt zum Einstieg in den Ausstieg kommen. Über alle Stufen hinweg ist die betäubungslose Ferkelkastration verboten. Der gesetzliche Mindeststandard sieht ein Verbot ab 2021 vor.

Dokumentation und Experten-Check
Tränkwasser muss über alle Stufen aus offener Fläche angeboten werden. Eine Eigenkontrolle mit Stallklimacheck und Tränkwassercheck ist bereits als gesetzlicher Mindeststandard vorgesehen. Die Stufen eins bis drei sehen darüber hinaus ein dokumentiertes Konzept für die Durchführung sowie einen jährlichen Check durch externe Fachexperten vor. Tierschutzfortbildungen müssen jährlich besucht werden. Für die Kategorie Tiergesundheitsbenchmarking werden über alle Stufen hinweg der Aufbau eines einheitlichen Benchmarkings sowie die Teilnahme an Erfassungssystemen vorgesehen. Dazu zählen beispielsweise die Brancheninitiative oder das Label Tierschutzbund.

Vom Stall zum Schlachthof
Neu gegenüber bisherigen Labeln sind Vorgaben für den Transport zum Schlachthof und die Schlachtung. Die Transportdauer zum Schlachthof ist auf acht Stunden begrenzt. Einstreu und Tränken müssen ab vier Stunden bereitgestellt werden. Der Fahrer des Transportwagens hat anders als bisher eine Fortbildungspflicht. Mindestens sechs Stunden Fortbildung in zwei Kalenderjahren sind nachzuweisen. Diese Angabe gilt ebenso für die Fortbildungspflicht von Tierbeauftragten bei der Schlachtung.

Darüber hinaus sind für die letzte Kategorie Vorgaben zum Witterungsschutz für wartende LKW, zur Lärmvermeidung und für einen Wartestall vor der Schlachtung festgelegt worden. Speziell für die Betäubung wurden Leitlinien zur Elektrobetäubung, CO2-Betäubung und Entblutung gegeben. So müssen zum Beispiel ab 2020 von jedem Tier Videoaufnahmen angefertigt und mindestens drei Monate gespeichert werden.

Initiative Tierwohl für die Schweine- und Geflügelhaltung

Im Jahr 2015 startete bereits die Initiative Tierwohl. Gemeinsam engagieren sich Unternehmen und Verbände aus Landwirtschaft, Fleischwirtschaft und Lebensmitteleinzelhandel für eine tiergerechtere und nachhaltigere Fleischwirtschaft. Tierhalter setzen freiwillig bestimmte Maßnahmen und Kriterien über den gesetzlichen Regelungen hinaus um, wie zum Beispiel mehr Platz oder Beschäftigungsmaterial, und erhalten dafür unabhängig vom Marktpreis ein Tierwohlentgelt. Durch die teilnehmenden Einzelhandelsketten wird der Mehraufwand und damit die Initiative finanziert.

Hier gibt es weitere Informationen zur Initiative Tierwohl: https://initiative-tierwohl.de/ 

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